Warum gängige Antworten nicht genügen
Viele Gebiete versuchen, die Einstiegshürde für Jahreskarten durch einen reduzierten Vorverkaufspreis zu senken. In der Praxis entscheiden sich jedoch oft über 90 Prozent der Gäste dann genau für diesen Vorverkaufspreis – was zeigt, wie gering die tatsächliche Differenzierungswirkung ist. Das ist wenig erstaunlich, denn aus Gästesicht macht es kaum einen Unterschied, ob der Entscheid im August oder im September fällt: Die verfügbaren Informationen über den kommenden Winter sind in beiden Monaten praktisch identisch.
So wird der Vorverkaufspreis faktisch zum Standardpreis, während der Normalpreis höchstens noch als psychologischer Anker dient. Das kann kommunikativ zwar sinnvoll sein, allerdings bleibt es zumindest fraglich, ob dieser reduzierte Preis noch einen ausreichenden Deckungsbeitrag liefert oder ob ein relevanter Teil des Umsatzpotenzials früh und dauerhaft verschenkt wird.
Hinzu kommt ganz grundsätzlich die Höhe der Jahreskartenpreise selbst. Es handelt sich in der Regel um Beträge, bei denen viele Konsumentinnen und Konsumenten kurz innehalten, um die Kaufentscheidung sorgfältig abzuwägen. Wer im letzten Winter – aus welchen Gründen auch immer – weniger Tage im Schnee verbracht hat, wird den erneuten Kauf noch kritischer prüfen. Und angesichts steigender Lebenshaltungskosten fällt ein hoher Einmalbetrag im Herbst stärker ins Gewicht als früher. Damit steigt für Bergbahnen das Risiko, dass sich immer mehr Gäste gegen einen erneuten Kauf entscheiden, mit spürbaren Auswirkungen auf Planbarkeit und Nachfrage.
Eine zweite, viel diskutierte Antwort sind gemeinsame oder regionale Abonnemente. Diese schaffen zwar mehr Angebotswert, können jedoch erhebliche Umverteilungen verursachen: In milden Wintern verschieben sich die Gästezahlen stark in Richtung höher gelegener Gebiete. Dort entstehen an nachfragestarken Tagen deutliche Qualitätsrisiken, während tiefer gelegene Gebiete kaum profitieren. Die strukturelle Volatilität bleibt bestehen – sie verlagert sich lediglich. Der bisherige stabilisierende Faktor im Erlösmodell entfällt jedoch bis zu einem gewissen Grad.
Beide Instrumente haben Vorteile, lösen jedoch nicht das zentrale Problem: die dauerhafte Stabilisierung der Nachfrage.
Der Weg im Toggenburg: Von der Transaktion zur Beziehung
Vor diesem Hintergrund führte die Toggenburg Bergbahn AG neben dem bestehenden Winterabonnement ein neues, ergänzendes Angebot ein: eine monatliche Subscription. Ein Modell, das viele Menschen aus anderen Lebensbereichen längst kennen und nutzen – von Streaming bis zur Mobilität. Ziel war es, einen zweiten Zugang zu schaffen, der sich stärker an den heutigen Bedürfnissen und finanziellen Realitäten orientiert und Konsumenten zu jedem Zeitpunkt in Ganzjahresgäste (Jahreszahler) überführen kann.
Leiter Marketing und Verkauf Alex Singenberger beschreibt die Motivation so:
„Wir wollten einen Zugang schaffen, der fair ist – für unsere Gäste und für uns. Die Subscription gibt mehr Menschen die Möglichkeit, unser Angebot zu nutzen, ohne dass sie im Herbst einen grossen Betrag vorfinanzieren müssen. Auch wollten wir den Winter mit der hohen Wertschöpfung konsequent nutzen, um die Gäste zu Ganzjahresgästen zu machen.“
Die Subscription senkt die initiale Hürde spürbar, ohne den Wert des Angebots zu verwässern. Für viele Haushalte ist sie trotz steigender Lebenshaltungskosten eine machbare Alternative und für die Bergbahn entsteht erstmals echte Planbarkeit über das ganze Jahr hinweg.
Wie die Subscription das Verhalten verändert
Die ersten Erfahrungen zeigen deutlich, dass sich das Verhalten der Gäste verändert hat. Bereits nach kurzer Zeit konnten sehr erfreuliche Entwicklungen beobachtet werden: Die monatliche Zahlung führt dazu, dass Gäste die Erlebnisregion regelmässiger nutzen, weil der Zugang nicht mehr an den perfekten Tag gebunden ist. Nutzung entsteht nicht nur im Winter, sondern über das ganze Jahr hinweg. Für die Bergbahn bedeutet das eine geringere Wettersensitivität, eine stabilere Frequenz und eine direkte Beziehung zu deutlich mehr bekannten Gästen. Weiter profitiert die Bergbahn davon, dass die höhere Nutzungsintensität der gesamten Wertschöpfungskette (bspw. Gastro, Vermietung, Skischule, etc.) zugutekommen.
Die positive Umsatzwirkung sowohl in der Produktkategorie Abonnements/Subscriptions, als auch in der Gastronomie werden in der untenstehenden Tabelle zusammengefasst.

Der Überraschungseffekt: Der Sommer gewinnt an Bedeutung
Besonders eindrücklich war die Entwicklung im Sommer. Viele Gäste, die im Winter mit der Subscription gestartet sind, kamen im Sommer deutlich häufiger zurück. Die Nutzungsintensität liegt im Sommer zwar weiterhin unter dem Winter, zeigt aber eine stabile, positive Tendenz – ganz ohne zusätzliche Kampagnen. Dies ist ein sehr positives Signal hinsichtlich der Monetarisierung des Sommers mithilfe des Winters.
Dieses veränderte Nutzungsverhalten zeigt auch die nachfolgende Abbildung eindrücklich auf. Dabei werden drei Kohorten an Personen miteinander verglichen, wobei die Nutzungsintensität ab dem 15. Dezember abgebildet wird. Es wird klar, dass die Kohorte der Gäste, welche im Herbst 2024 eine Subscription gekauft haben, nicht nur eine deutlich höhere Nutzung im Winter an den Tag legen, sondern eben auch im Sommer eindeutig öfter in die Erlebnisregion zurückkehren.

Leiter Marketing und Verkauf Alex Singenberger beschreibt es so:
„Wir mussten den Sommer nicht neu definieren. Unsere Subscription-Kundinnen und -Kunden waren einfach öfter da. Für uns war spannend zu sehen, wie der Sommer durch die Subscription zu einem echten Teil der Beziehung geworden ist.“
Resultate und ein kultureller Wandel
Die Effekte sind klar sichtbar: eine starke Steigerung der Nutzung der Angebote, mit einer eindeutigen Stärkung des Sommers, eine positive direkte Umsatzentwicklung im Ticketing sowie eine indirekte Umsatzsteigerung in der Gastronomie. Zudem hat sich der operative Aufwand aufgrund der 100% online abgewickelten Subscriptions spürbar reduziert. Noch wichtiger ist jedoch die kulturelle Erkenntnis: Wer Einnahmen monatlich erhält, denkt automatisch darüber nach, welchen monatlichen Mehrwert man liefert. Das vertieft den Anspruch an Qualität und Beziehung und passt optimal zur gästezentrierten Haltung der Toggenburg Bergbahn AG.
Viele Gebiete überlegen heute, wie sie ihre Nachfrage stabilisieren, Wertigkeit sichern und Wetterabhängigkeit reduzieren können. Die Erfahrungen im Toggenburg zeigen, dass eine Subscription ein wirksamer Weg sein kann, um genau das zu erreichen.
Die zentrale Frage lautet heute weniger, ob ein solches Modell funktioniert, sondern wie es für jedes Gebiet aussehen kann, das den nächsten Schritt gehen will.
Dieser Text wurde ursprünglicherweise im S&BT Magazin Ausgabe 5/6 2025, Seite 58-59 gedruckt



