Zwischen Berg und Tal: Die Kunst der Preisgestaltung in Skigebieten

December 11, 2023
In den Alpen, wo jeder Skitag eine einzigartige Dynamik entfaltet, steht die Preisgestaltung in Skigebieten vor einer komplexen Herausforderung. Der zweite Artikel der Serie “Die Kunst der Preisoptimierung in Zeiten hoher Inflation” beleuchtet die entscheidenden Fragen: Wann und warum entscheidet sich ein Kunde zum Kauf eines Skitickets? Wir gehen tiefer auf das Konzept des wahrgenommenen Werts ein und erklären, warum Kunden nicht einfach für Produktionskosten zahlen, sondern wie ihr Konsumverhalten durch die Wahrnehmung dieses Wertes beeinflusst wird. Entdecken Sie, wie in den Skigebieten der Alpen traditionelle Cost-Plus-Modelle der Marktkomplexität nicht gerecht werden und wie ein vertieftes Verständnis des wahrgenommenen Werts zu effektiveren Preisstrategien führt.

Der Schlüssel zum Erfolg: Gegenseitiger Nutzen

Obwohl wir fest davon überzeugt sind, dass der Verkauf von Tickets vorzugsweise über Online-Kanäle erfolgen sollte, offenbart sich an den Kassen der Skigebiete eine tiefer liegende Handelswahrheit: der gegenseitige Nutzen. Wenn ein Gast ein Skiticket kauft, bedankt er sich beim Verkäufer – nicht nur aus Höflichkeit, vielmehr drückt er seine echte Wertschätzung für den Kauf aus. Ebenso bedankt sich der Verkäufer, weil jeder verkaufte Pass nicht nur Umsatz bedeutet, sondern auch die Bestätigung, dass das Skigebiet einen begehrten Wert schafft. Diese gegenseitige Wertschätzung spiegelt ein grundlegendes Prinzip des Handelns wider: eine Transaktion ist am erfolgreichsten, wenn beide Parteien das Gefühl haben, dass ihr Bedürfnis nach Wert erfüllt wird.

Die Grenzen des Cost-Plus Pricing

Das traditionelle Cost-Plus Pricing Modell, bei dem Unternehmen ihre Kosten plus einen Gewinnaufschlag berechnen, stösst gerade in der dynamischen Welt der Skigebiete an seine Grenzen. Dieser Ansatz ignoriert eine wesentliche Komponente: 

Den Wert aus Kundensicht. Wäre das Cost-Plus Pricing optimal, wäre beispielsweise ein Unternehmenskonkurs fast unvorstellbar, da die Kunden immer bereit wären, für die Kosten der Unternehmung zu bezahlen. Die Realität zeigt jedoch, dass Kunden für den wahrgenommenen Wert bezahlen – ein Zusammenspiel aus Qualität, Erlebnis und emotionaler Verbindung, das weit über die blossen Produktionskosten hinausgeht.

Frank Frohmann, ein anerkannter Experte im Bereich Pricing, identifiziert sehr treffend drei zentrale Risiken dieses Ansatzes, die gerade bei Skigebieten zentral sind: 
  1. Verlust von Effizienzgewinnen: Anstatt die Potenziale von Effizienzsteigerungen (gerade durch den Personaleinsatz) zu nutzen, werden diese im Cost-Plus-Modell oft direkt an den Kunden weitergegeben. Dadurch werden wichtige Nuancen in der Nachfrage ignoriert und mögliche Gewinne verschenkt.
  2. Unterschätzung der Zahlungsbereitschaft: Wenn der Preis eines Skitickets unter der Zahlungsbereitschaft der Kunden liegt, verzichtet das Skigebiet auf zusätzliche Margen. Frohmann betont, dass die Fähigkeit, Mehrwerte zu schaffen und diese im Preis widerzuspiegeln, entscheidend ist, um das volle Gewinnpotenzial auszuschöpfen, besonders in einem Markt, in dem Produkte und Dienstleistungen zunehmend ähnlicher werden.
  3. Risiko einer zu hohen Preisgestaltung: Setzt ein Skigebiet seine Preise zu hoch an, orientiert an überhöhten Kosten- oder Margenerwartungen, riskiert es, Kunden an die Konkurrenz oder aus dem Markt zu verlieren, da es sich diese nicht mehr leisten können oder wollen. Dies führt zu einem Verlust von Marktanteilen und/oder Marktvolumen.

Die Analyse von Frohmann unterstreicht die Notwendigkeit eines flexiblen, wertorientierten Preismanagements das gerade in Skigebieten eine hervorragende Anwendung findet. Ein solches Modell berücksichtigt den wahrgenommenen Wert und passt die Preise dynamisch an, um sowohl den Kunden als auch den Betreibern den grösstmöglichen Nutzen zu bieten. 

Der wahre Treiber: Nutzen und Wert

Die Entscheidung eines Kunden, ein Skiticket zu kaufen, basiert auf dem Nutzen, den er daraus zieht. Kunden messen den Wert eines Skitages daran, wie sehr er ihre Erwartungen an ein einzigartiges Erlebnis erfüllt. Dieser wahrgenommene Wert ist entscheidend für die Preisgestaltung in Skigebieten und zwar aus zwei Gründen: Erstens schwankt der wahrgenommene Wert im Mittel beträchtlich in Abhängigkeit externer Faktoren (wie bspw. Wetter) für die gleiche Person und zweitens kann auch eine grosse Heterogenität zwischen den unterschiedlichen Personen festgestellt werden.

Schauen wir uns zum Beispiel an, wie sich der Nutzen eines Skierlebnis anhand der Wetterprognose verändert. Dabei ist wenig überraschend zu erkennen, dass der Nutzen mit besserer Wetterprognose im Mittel deutlich und statistisch signifikant zunimmt. Gleichzeitig erkennen wir aber auch anhand der blau eingefärbten Fläche (IQR = 50% der Daten), dass es beträchtliche individuelle Unterschiede in der Bewertung der Wetterprognose zwischen den einzelnen Gästen gibt.

Sehr interessant ist ausserdem der Fakt, dass der wahrgenommene Wert einer noch unbekannten Wetterprognose einen fast so hohen Nutzen stiftet wie das Skifahren bei leicht bewölktem Wetter. Dieser Umstand kann genutzt werden, um Frühbuchungen zu realisieren, da der Konsument bei noch unbekannter Wetterprognose eine durchaus positive Erwartung und folglich einen ziemlich hohen Nutzen hat.

Die Vernachlässigung dieser signifikanten Unterschiede in der Wahrnehmung des Werts beim Festlegen der Preise führt dazu, dass das Umsatzpotenzial nicht ausgeschöpft wird und folglich Opportunitätskosten entstehen. Ein einheitlicher, statischer Preis schliesst die Möglichkeit aus, von Frühbuchungen (Risikominderung) und dem gesteigerten wahrgenommenen Wert bei optimalen Bedingungen (Umsatzsteigerung) zu profitieren.

Nachfrage als Ergebnis des wahrgenommenen Werts

Wie aber kann der wahrgenommene Wert beobachtet und für die Preissetzung miteinbezogen werden? Hier spielt die Nachfrage eine entscheidende Rolle. Denn diese kann als direkter Indikator für den wahrgenommenen Wert betrachtet werden. Wenn Gäste den Wert eines Skitages als hoch empfinden, steigt die Nachfrage nach Tickets. Diese Dynamik bestätigt, dass der wahrgenommene Wert und die Nachfrage eng zusammenhängen. Dynamisches Pricing erkennt diese Verbindung und passt die Preise entsprechend an, um sowohl für die Gäste als auch für die Skigebiete ein optimales Ergebnis zu erzielen. In unserem nächsten Blogbeitrag werden wir das Phänomen der Nachfrage noch stärker beleuchten. 

Fazit: Die Preisgestaltung muss den wahrgenommenen Wert aus Käufersicht reflektieren

Dynamisches Pricing in den Alpen geht über die blosse Preisfestsetzung hinaus. Es ist eine Philosophie, die anerkennt, dass der wahre Wert eines Produktes in den Augen des Betrachters liegt und dass die Nachfrage ein direktes Resultat dieses wahrgenommenen Werts ist. Es ist ein Adaptieren an die tatsächlichen Marktbedingungen, mit dem klaren Ziel, sowohl Gästen als auch den Skigebieten einen Wert zu stiften. 

Bleiben Sie dran für den nächsten Teil unserer Serie, in dem wir uns die Nachfrage genauer anschauen und dabei Begrifflichkeiten wie Preis-Absatz-Funktion und die Elastizität der Nachfrage untersuchen werden. Sind Sie bereit, Ihre Preisgestaltung zu revolutionieren? Kontaktieren Sie uns bei Pricenow, um zu erfahren, wie wir Ihnen helfen können.

Verfasst von Reto Trachsel und Jonas Meuli in Zusammenarbeit mit Co-Autorin Veronika Büchi

Vielen Dank! Wir haben Ihre Anfrage erhalten.
Huch! Beim Absenden des Formulars ist etwas schief gelaufen.

Weitere Projekte und Beiträge

Kontakt